Biene und Mensch im Einklang

Propolis und Bienen
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Stadtimker Ralf Waanders im Interview

Honig erfreut sich wachsender Beliebtheit, aber gleichzeitig sterben immer mehr Bienenvölker aufgrund von Umwelteinflüssen. Einer, der ganz neue Wege geht, ist der „Stadtimker“ Ralf Waanders. Im Gespräch beantwortet er unsere wichtigsten Fragen zum Thema Bienengesundheit und Propolis.

Man hört ja immer wieder vom „Bienensterben“. Ist da wirklich was dran?

Dazu gibt es ganz verschiedene Meinungen. Einige Bienenwissenschaftler meinen, dass die weltweite Zahl der Bienenvölker sogar zunimmt. Imkern scheint momentan sehr „hip“ zu sein und die Anzahl der vor allem im urbanen Bereich imkernden Kollegen scheint zuzunehmen. In dessen Folge steigt auch die Zahl der Völker.

Allerdings gibt es auch einige Punkte, die es den Bienen heutzutage deutlich schwerer machen als vielleicht noch vor 50 Jahren. Vor allem die Varroamilbe, ein Bienenbrutparasit, der ursprünglich nur die östliche Honigbiene (Apis cerana) befallen hat und den Wirtswechsel auf unsere westliche Honigbiene (Apis mellifera) geschafft hat, macht unseren Bienen schwer zu schaffen. Letztlich ist jedes Volk von dieser Milbe befallen. Durch Behandlung z. B. mit Ameisensäure, vermindert man als Imker, dass eine gewisse Schadwelle überschritten wird und das Volk stirbt. Ein hoher Varroenbefall führt zu einer deutlich erhöhten Virenbelastung der Bienen, die dann an den Folgeerkrankungen zugrunde gehen können.

Dazu kommt erschwerend der teilweise massive Gebrauch von Pestiziden (vor allem von hochwirksamen Nervengiften aus der Gruppe der sogenannten Neonicotinoide), der Bienen und auch alle anderen Insekten massiv beeinflusst. Selbst bei subletalen Dosen, wie sie im Freiland auftreten, konnte durch aufwendige Forschung mit Peilsendern, die an Bienen befestigt wurden, nachgewiesen werden, dass Gehirnleistungen wie Wahrnehmen, Lernen, Erinnern, Orientieren, Kommunizieren und Navigieren bei Bienen extrem gestört werden. Die Bienen finden dann nur sehr schwer wieder in den Stock zurück und „verblöden“ förmlich. Der Imker, der seine Völker neben einem damit gespritzten Feld stehen hat, wundert sich dann, dass sich sein Volk leer geflogen hat. Tote Bienen findet man nicht im Stock.

„Das in den Medien so präsente Bienensterben ist multifaktoriell zu betrachten.“

Ein weiterer Negativpunkt, der den Insekten (und eben nicht nur den Honigbienen) zu schaffen macht, sind die vielen Monokulturen. Vor allem in Getreidefeldern blüht kaum noch etwas, die Blütenpflanzen sind mancherorts sehr selten geworden. Vor allem im Sommer finden die Insekten nach dem Abblühen der Obstbäume und der Rapsfelder oftmals nur noch wenig zu fressen. Wenn man im Sommer über Land fährt, so sieht man vielerorts auf den Feldern meist nur eine grüne Maiswüste. Da ist für Insekten fast nichts zu holen. Paradoxerweise dient dieser Mais dann neben Futtersilage vor allem der Herstellung von Biogas.

Das in den Medien so präsente Bienensterben ist also nicht auf einen einzigen Grund zurückzuführen, sondern vielmehr multifaktoriell zu betrachten. Es scheint allerdings die sichtbare Oberfläche eines viel dramatischeren allgemeinen Insektensterbens zu sein.

„Das Insektensterben ist aber katastrophal für die gesamten Nahrungsnetze.“

Der NABU hat festgestellt, dass innerhalb weniger Jahre die Biomasse der Fluginsekten um bis zu 80% zurückgegangen ist. In NRW werden seit vielen Jahren durch Ehrenamtliche Insekten gefangen, um deren Art und Menge zu bestimmen. Auch hier sind es dramatisch weniger gefangene Insekten in den Untersuchungsfallen. Und jeder, der schon länger als 15 Jahre einen Führerschein besitzt, weiß, dass noch vor gar nicht allzu langer Zeit die Windschutzscheibe im Sommer ständig von Insekten gereinigt werden musste. Das ist schon längst nicht mehr der Fall!

Dieses Insektensterben ist aber katastrophal für die gesamten Nahrungsnetze, da Insekten z.B. die Nahrungsgrundlage für sehr viele Vögel darstellen. Arten, die früher noch sehr häufig waren, wie zum Beispiel Rebhühner und Spatzen, sieht man heutzutage nur noch selten. Das Problem ist, dass dieses Sterben der Insekten nicht erkannt wird, bzw. in der Öffentlichkeit noch nicht angekommen ist, da Insekten – mit Ausnahme der Honigbiene – keine Lobby haben.
Das ist bei der Honigbiene durch uns Imker natürlich anders. Wir kümmern uns um unsere Mitarbeiterinnen und dadurch fällt es auch auf, wenn Völker zusammenbrechen und sterben.

Was kann man selbst den Bienen Gutes tun?

Der erste und vielleicht wichtigste Punkt, der mir einfällt ist ganz einfach: Kaufen Sie Honig beim lokalen/regionalen Imker. Deutschland ist tatsächlich das Honigimportland Nr. 1. Allerdings sorgen nur die heimischen Imker bzw. deren Bienen für die Befruchtung und Bestäubung der hier lebenden Pflanzen! Außerdem unterstützen Sie durch ihren Kauf die heimische Imkerschaft und fördern somit auch die Bienenhaltung. Die meisten Kollegen machen wirklich tolle Arbeit (was man von den teilweise industriellen Honigfabriken im Ausland wirklich nicht sagen kann) und das darf sich dann auch gerne im Preis des Honigs widerspiegeln. Seien Sie also bereit für sehr gute Qualität des Honigs auch etwas mehr zu zahlen als im Discounter.

„Sie können die Bienen füttern!“

Außerdem können Sie die Bienen füttern! Wenn man nur einen Balkon zur Verfügung hat, so kann man mit der Anpflanzung von verschiedenen Küchenkräutern wie Rosmarin, Thymian, Minzen, Koriander oder auch Lavendel nicht nur sich selbst im kulinarischen Sinne einen Gefallen tun, sondern eben auch zahlreichen Insekten. Sie profitieren allesamt von Nektar und Pollen. Gar nicht gehen die klassischen Balkongeranien, die sind ökologisch betrachtet tot, bieten sie doch weder Pollen noch Nektar.

Falls man einen Garten hat, so kann man sicherlich auf dem einen oder anderen Quadratmeter eine Mischung mit – bestenfalls heimischen! – Blütenpflanzen aussähen. Da gibt es wirklich ganz tolle Sachen. Man sollte aber aufpassen bei Mischungen, die man für sehr wenig Geld im Drogeriemarkt bekommt.  Zumeist taugen die nicht so viel, weil zum Teil weder Nektar noch Pollen bieten.

„Heimische Arten in den Garten!“

Wenn man die weitere Gartengestaltung angehen will, so sollte man bei Sträuchern und Stauden auf nicht-gefüllte Blüten achten. Wenn es wiederum besonders naturnah sein soll, kann man verstärkt auf heimische Arten achten. Diese sind bestens an unsere Umweltbedingungen angepasst, häufig zwar nicht so poppig in den Farben, führen jedoch zu deutlich mehr Leben im Garten.

Wer mehr wissen möchte, kann sich z.B. über den Verein „Naturgarten e. V.“ informieren. Ganz aktuell läuft auch der Pflanzwettbewerb „Wir tun was für Bienen“. Dabei geht es darum als Gruppenaktion eine bienenfreundliche Pflanzung neu anzulegen und das Ganze dann durch Fotos zu dokumentieren. Eine schöne Aktion!

Toll wäre es, wenn sich solches Denken auch noch viel stärker bei den lokalen Grünflächenämtern durchsetzen würde. Gerade das öffentliche Grün bietet unglaublich tolle und nachhaltige Möglichkeiten für pflegeleichtes und naturnahes Grün. Beispielhaft ist da die Gemeinde Haar in der Nähe von München, die mittlerweile 4 Hektar in naturnahes öffentliches Grün umgewandelt hat. Sieht super aus!

Das ist ja schon eine Menge, was man tun kann! Und dass man den Bienen im Gegenzug ihren Honig – naiv gefragt – wegnimmt, ist kein Problem?

Sie haben recht. Der Honig ist für die Bienen das natürlichste, gesündeste und damit beste Winterfutter (sofern es Blütenhonig ist),  das sie bekommen können. Es gibt relativ neue Studien, die den epigenetischen Einfluss von Honigernährung auf die Genaktivierung nachweisen. Demnach werden sehr viele Gene, die den Stoffwechsel der Bienen betreffen, bei reiner Zuckerfütterung ausgeschaltet. Der Honig enthält sehr viele Bestandteile, die also ganz offensichtlich sehr wichtig für die Bienengesundheit sind.

Es gibt eine Ausnahme und die betrifft die Überwinterung der Bienen auf dunklen Tauhonigen, besser bekannt z.B. als Waldhonig. Diese enthalten eine viel größere Menge an Ballaststoffen als die Blütenhonige, was dann bei den Bienen dazu führt, dass sie eher mal raus müssen, um ihre Kotblase zu leeren. Wenn es dann länger so kalt ist, dass sie das draußen nicht erledigen können, passiert es irgendwann im Bienenkasten, was wiederum zu Folgekrankheiten wie der Ruhr führen kann. In diesem Fall ist die Winterfütterung mit Zucker, bzw. Sirup also durchaus gesünder.

„Trotzdem bin ich als Imker natürlich auch immer der Honigdieb.“

Trotzdem bin ich als Imker natürlich auch immer der Honigdieb. Was mich dabei allerdings beruhigt, ist, dass ein gesundes und vitales Volk immer mehr Honig sammelt, als es selber für den Winter brauchen würde. Einen Teil kann ich also den Bienen wegnehmen, einen ganz ordentlichen Teil des Honigs lasse ich ihnen aber auch und füttere zusätzlich großzügig mit speziellem Bienensirup für den Winter auf.

Viele unserer Kunden schwören neben Honig auch auf Propolis-Produkte. Aber was ist das eigentlich genau und wie kommt es zustande?

Propolis ist das Kittharz der Bienen. Die Bienen sammeln vor allem im Spätsommer die Harze verschiedener Bäume und verarbeiten dieses Harz weiter mit Wachs, Pollen und verschiedenen ätherischen Ölen. Daher riecht Propolis auch immer ganz wunderbar würzig. Dieses Kittharz ist sehr klebrig und die Bienen nutzen es, um damit im Stock kleinere Öffnungen oder Ritzen abzudichten. Das Propolis wirkt dabei gegen Keime (ist also antibiotisch), Pilze und Viren, was auch sehr wichtig ist, da im Bienenstock wunderbare Verhältnisse für deren Vermehrung herrschen, herrliche 35°C, schön feucht und eine sehr hohe Individuuendichte.

Es wurden übrigens sogar schon Mäuse in Bienenstöcken gefunden, welche in den Stock eingedrungen sind, von den Bienen totgestochen wurden und anschließend, da die Bienen die Mäuseleiche ja nicht raustragen können, komplett verpropolisiert wurden. Durch diese Propolisschicht auf der Mäuseleiche konnten dann keine Verwesungsprozesse zustande kommen und die Maus wurde darunter regelrecht mumifiziert.

Das Propolis hat übrigens, ähnlich wie Honig, jedes Jahr eine andere Zusammensetzung, da die Bienen immer nur die jahreszeitlich verfügbaren Harze sammeln können. Und das kann sich witterungsbedingt von Jahr zu Jahr deutlich unterscheiden.

Was ist das Besondere daran und wie kann es dem Menschen helfen?

Wie schon geschrieben wirkt Propolis antibiotisch, antimykotisch und antiviral. Das kann man sich natürlich auch als menschlicher Anwender zu Nutze machen, was wohl auch schon seit dem Altertum der Fall ist. Vor allem bei Wundheilungs- und Entzündungsprozessen sollen Propolispräpate in Form von Salben, Cremes oder Tinkturen helfen. Manchmal hört man auch davon, dass Propolis sogar bei Depressionen oder der Krebstherapie helfen könnte. Was dazu allerdings die evidenzbasierte Medizin sagt, weiß ich nicht. In jedem Fall aber kann Propolis bei einigen Menschen zu kontaktallergischen Reaktionen führen.

Herr Waanders, haben Sie vielen Dank!

Ralf Waanders ist Vorreiter in Sachen Stadtimkerei. Da das gewohnte Landleben für Bienen aufgrund von Monokulturen und dem Einsatz von Herbiziden in der Agrarwirtschaft heutzutage nicht mehr so lebenswert ist, wie man meinen könnte, hat er die Stadt als idealen Rückzugsraum für die Bienen entdeckt. Seine vielen fleißigen Mitarbeiterinnen erkunden seither die Parks, Gärten, Friedhöfe und Balkons der Stadt und finden dort immer reichlich Nahrung.

Weitere Informationen finden Sie unter www.muensterhonig.nrw

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